EFAS: Ein wichtiges Reförmchen
Nach 14 Jahren im nationalen Parlament kommt mit EFAS, der einheitlichen Finanzierung der ambulanten und stationären Leistungen, eine der bedeutendsten Reformen im Gesundheitswesen zustande. Eine gute Reform: Sie beseitigt medizinische Fehlbehandlungen, weil die finanzielle Fehlanreize behoben werden. Die Argumente der Reformgegner sind nicht nachvollziehbar.
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So wirklich gesund ist die aktuelle Situation nicht: Stationäre Behandlungen werden heute zu mindestens 55 % von den Kantonen – also steuerfinanziert – bezahlt. Ambulante Behandlungen werden dagegen zu 100 % von den Krankenkassen über die Kopfprämie finanziert. In der Langzeitpflege (Spitex und Pflegeheime) tragen bislang die Kantone oder sogar die Gemeinden einen Teil der Pflegekosten.
EFAS möchte dieses nicht mehr zeitgemässe Finanzierungssystem ändern. In Zukunft sollen ambulante und stationäre Leistungen mit dem gleichen Schlüssel finanziert werden – 73.1% über die Krankenkassen, 26.9% über die Kantone. Der Einbezug der Langzeitpflege ist nach einem langen hin und her im Bundesparlament ebenfalls Teil der Reform geworden. Kaum ist der aufwändige Kompromiss in trockenen Tüchern, wurde das Referendum dagegen ergriffen, weshalb die Bevölkerung im November 2024 darüber abstimmen kann.
Aus meiner Sicht ist klar: Dieser Systemwechsel ist ein wichtiges Puzzleteil, um einer der vielen Fehlanreize im Gesundheitswesen zu beseitigen. Drei Argumente werden von den Referendumsanführenden, den Gegnerinnen und Gegnern von EFAS, immer wieder ins Feld geführt:
- «Öffentliche Gesundheitsversorgung ist gefährdet»:
Die öffentliche Gesundheitsversorgung ist gefährdet, ja. Dies hat aber mit EFAS nichts zu tun. Der Fachkräftemangel, nicht nur in der Pflege, sondern auch in gewissen Fachbereichen der Ärzteschaft; die föderalistische Struktur der Spitalplanung, aber auch die fehlende Vorsorge und Prävention sind Gründe dafür. Diese Herausforderungen müssen unabhängig von EFAS angegangen werden. - «EFAS fördert die Prämienexplosion und ungerechte Kopfprämien»:
Ja, die Kopfprämien sind ungerecht und der jährliche Prämienanstieg ist gemäss Sorgenbarometer die Hauptsorge der Schweizerinnen und Schweizer. Das Finanzierungsmodell in der Schweiz belastet Haushalte mit der Kopfprämie übermässig stark – ohne Rücksicht auf die wirtschaftlichen Verhältnisse zu nehmen. Besonders Familien, aber auch alleinstehende Personen mit einem bescheidenen Portemonnaie leiden darunter. Hinzu kommt der hohe Anteil an Selbstzahlungen. In einem ersten Schritt stimmten wir deshalb im Juni 2024 über die SP-Prämienentlastungsinitiative ab. Es gilt zu respektieren, dass die Mehrheit der Bevölkerung diese Initiative ablehnte, gemäss Nachwahlbefragung vor allem, weil sie diese Aufgabe in der Kompetenz der Kantone sahen. Mit EFAS lösen wir das Kopfprämien-Problem nicht, die Prämien werden so oder so steigen. Ob die Erhöhung stärker ist mit oder ohne EFAS, darüber gibt es derzeit unterschiedliche Einschätzungen: Zwar wird die Langzeitpflege auch mit demselben Schlüssel finanziert (heute stärker durch Steuergelder), aber eben auch die ambulanten Behandlungen, welche heute zu 100% durch Prämien finanziert werden. Wenn die Ambulantisierung wie gewünscht fortschreitet, macht es Sinn, dass auch der ambulante Teil nicht ausschliesslich über die Prämien bezahlt wird. - «Es drohen Sparmassnahmen zu Lasten des Personals»:
Derzeit kämpfen viele Spitäler mit grossen Defiziten. Dies führt zu stärkerem Druck aufs Personal. Zeitgleich leidet gerade die Grundversorgung an Fachkräftemangel. Die Umsetzung der Pflegeinitiative, ein wichtiges Mittel gegen den Druck beim Pflegepersonal, schreitet trotzdem nur langsam voran. EFAS wird die aktuellen finanziellen Probleme gewisser Spitäler kaum lösen, aber auch nicht verschärfen.
Kurzum: Für bezahlbare Krankenkassenprämien braucht es bessere Prämienverbilligungen und sogar einkommensabhängige Prämien, für die Versorgungssicherheit braucht es eine interkantonale Spitalplanung, Prävention und Vorsorge und für bessere Arbeitsbedingungen und gegen den Fachkräftemangel braucht es eine rasche Umsetzung der Pflegeinitiative.
EFAS ist kein Wundermittel, welches alle diese Probleme zu lösen vermag. Vielmehr reduziert die einheitliche Finanzierung einen fundamentalen Fehlanreiz in der Gesundheitsversorgung: Die Behandlung, ambulant oder stationär, wird künftig medizinisch indiziert erbracht und nicht so, wie es für den Leistungserbringer lukrativer ist. Dadurch werden die Mittel – personelle wie auch finanzielle – effizienter und im Sinne der Versorgung eingesetzt. Hinzu kommt, dass EFAS explizit die integrierte Versorgung unterstützt, was für eine patientenzentrierte Versorgung unerlässlich ist. Zudem müssen die Tarife kostendeckend sein. Dieser Punkt ist sehr wichtig, um den Druck aufs Personal nicht weiter zu verschärfen.
Deshalb stehe ich zur EFAS-Reform. So, wie ich auch endlich eine gute und vollständige Umsetzung der Pflegeinitiative, ein Finanzierungsmodell nach Qualität und nicht die Quantität und eine interkantonale Spitalplanung befürworte.